Kolumne: Trucki meint ...
MAN-Ausstieg: Was erwartet uns 2015?
Die Gedanken sind frei ...
Im Mai 2014 geht es endlich wieder los. Dann startet die letzte Saison mit vollem MAN-Werkssupport. Und die Team tun so, als wenn die MAN-Ankündigung nie ausgesprochen wäre. In Frankreich wurde gar ein neues MAN-Team (Janiec/Lohr) aus der Taufe gehoben. Offensichtlich geht keiner der Betroffenen von einem wirklichen Motorenengpass ab 2015 aus.
Mit dem Ausstieg der Werkspower aus München (Nürnberg) geht eine langjährige Ära zu Ende. Neben Mercedes, DAF und Renault war es MAN, die
die Serie werksseitig unterstützten. Die Bayern hatten dabei den mit großen Abstand längsten Atem. Seit dem Start der Super-Race-Truck-Klasse 1994 waren die Bayern werksseitig dabei. Nach genau 20
Jahren ist also Schluss – zumindest mit dem bekannten Werkseinsatz. 2015 geht den Münchnern offiziell die Luft oder besser die Lust aus. Nach dem Mercedes-Ausstieg Ende 2007 stieg letztlich nur noch
Renault in den Ring. Andere Hersteller hatten offensichtlich nicht den Mut sich mit MAN ernsthaft anzulegen. Zu groß war der technischer Vorsprung, den sie sich in 20 Jahren erarbeitet hatten. Das
musste zuletzt auch Renault erkennen, die bekanntlich Ende 2013 den offiziellen Werksstöpsel gezogen haben. Hinter vorgehaltener Hand wurde gar gemunkelt, dass MAN längst nicht das tatsächliche
Potenzial aus dem Triebwerk herausgekitzelt hatte, um die Konkurrenz nicht komplett an die Wand zu fahren. Insider trauen dem MAN-Werksmotor deutlich höhere Leistungen zu.
Doch nicht nur die dominante Motorleistung spielte eine Rolle beim Ausstieg. Abseits der Pisten gab es Unstimmigkeiten, welche Renault und zuletzt auch MAN in Richtung Werksausstieg bewegt haben.
Einer der Gründe war das „Parasitentum“ anderer LKW-Hersteller. Diese nutzten die von MAN und Renault mitfinanzierte Serie, um im Industrielager recht preiswert auf die Marketingbühne Truckrace
aufzuspringen. Doch das ist nur einer der Gründe. Daneben spielen werks- beziehungsweise konzerninterne Interessen eine große Rolle. Und da scheint Truckracing nicht mehr auf der Agenda zu
stehen.
Dass nach dem offiziellen Rückzug des Truckrace-Giganten MAN andere Hersteller wieder Interesse an der Serie zeigen könnten, dürfte am Ende auch MAN gefallen. Schließlich ist es kaum vorstellbar,
dass die Münchner ihre treuen Truckrace-Kunden ab 2015 komplett im Regen stehen lassen werden. So ein Neuanfang, mit einer abgespeckten Unterstützung durch die Werke, hätte etwas von
Chancengleichheit – zumindest auf dem Papier.
Mit der freien Motorenwahl ab 2015 hat die FIA Truck Race Kommission komplett neue Möglichkeiten geschaffen. Nun sind viele Kombinationen denkbar. MKR leistet für die Renault-Teams den Motorensupport. Doch mit dem neuen Regelwerk könnten deren Motoren ab 2015 auch in allen anderen Racetrucks verbaut werden. Gleiches gilt für Gyrtech-Motoren von Buggyra. Auch das private Iveco-Team aus dem Schwabenland könnte beispielhaft als Motorenlieferant auftreten. Schließlich, so wird berichtet, unterstützt Iveco das Rennteam inzwischen ganz offiziell. Das war nicht immer so. Ob MAN da nur noch als Zuschauer fungieren wird ist höchst unwahrscheinlich. Vielleicht präsentiert die TRO gar einen „eigenen“ Rennmotor, eventuell als Versuchsballon oder Vorstoß in Sachen Einheitsmotor. Gebaut werden könnte so ein Powertriebwerk von irgend einem LKW-Hersteller oder einem unabhängigen Motorenproduzent. Was auf dem Zylinderkopf stehen könnte, darüber darf spekuliert werden.
2015 wird ein Neuanfang sein. Durchaus einer mit guten Zukunftsaussichten. Insofern könnte der MAN-Ausstieg sogar eine clevere taktische Variante der Münchener gewesen sein. Als Marketingbühne werden die Löwen den Trucksport auch weiterhin nutzen. Und auch in Sachen Motoren ist noch längst nicht das letzte Wort gesprochen - wetten!
(26.04.2014; überarbeitet 03.08.2014)
Vor diesem Hintergrund gewinnt der im Jahr 2012 veröffentlichte Artikel "Trucki meint, dass mittels Hybride mehr Markenvielfalt möglich wäre" durchaus an Aktualität.
Zurzeit gibt es in der Truck Europameisterschaft mit MAN und Renault nur zwei Hersteller, die sich klar zum Truckrace bekennen und den dazugehörigen Support bieten. Entsprechend besetzt sind auch die
Starterfelder. Wer einen siegfähigen Truck haben will, setzt am einfachsten auf einen der beiden Hersteller und least sich den Antriebsstrang. OK, da gibt es noch die privat aufgebauten Freightliner
von Buggyra sowie einige weitere private Exoten (Scania, Iveco, Mercedes). Richtig zur Sache geht es eigentlich nur mit den Werksmotoren der beiden Hauptprotagonisten.
Wie könnten diese potenten Triebwerke in einen anderen Truck gelangen? Noch verbietet es das Regelwerk. Zudem ist es auch fraglich, ob die Hersteller einen solchen Transfer unterstützen würden.
Eigentlich kann keiner für eine Markendominanz sein. Vielfalt belebt nicht nur die Sinne, sondern auch den Spaß und das Geschäft.
Angenommen, das Regelwerk würde die Motoren nicht mehr an Hersteller binden, könnte zum Beispiel ein MAN-Renntriebwerk in einem Scania (so bleibt es wenigstens in der VW-Familie) werkeln.
Optisch wären neue Renntrucks möglich, die auch noch leistungsstark wären – Hybride. Hybrid-Renntrucks gibt es bereits im bestehenden Regelwerk (Punkt 1.3 Hersteller, Artikel 290 des FIA Reglements für Renntrucks). Doch damit sind solche gemeint, wo der Hersteller keine eigenen Motoren im Angebot hat. Scania und MAN würden also nicht gehen, auch wenn beide im gleichen Konzern beheimatet wären. Punkt 3.5 des Reglements sagt zurzeit, dass Motor- und LKW-Hersteller identisch sein müssen, wenn der Hersteller auch eigene Motoren verbaut. Das Modell spielt dabei keine Rolle. Um diese Hybride geht es in meinem Gedankenspiel aber nicht. Ich würde beispielsweise ein Renault-Triebwerk in einem DAF unterbringen wollen. Der könnte dann natürlich nicht mehr DAF heißen, weil sonst Renault nicht mitspielen würde. Daher müssten diese Fahrzeuge klar als Hybrid deklariert werden. MAN hätte wohl kaum Interesse, wenn ein australischer Iveco-Hauber powered by MAN die Original MAN TG besiegen würde. Würde dieser Hybrid-Hauber aber den Powerlieferanten bereits im Namen tragen, warum nicht? Buggyra-Gyrtech, die Team interne Fahrzeugbezeichnung, macht es quasi vor. Bei strenger Regelwerkinterpretation muss es eigentlich Freigthliner-Caterpillar heißen. Warum? Freightliner (Chassis und Kabine) stellt keine eigenen Motoren her. Die von Buggyra verwendeten Motoren basieren auf einem Caterpillar-Diesel, wurden aber in Eigenregie zur Rennreife entwickelt und dann in Gyrtech umbenannt. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich also um einen Hybrid-Truck gemäß Punkt 1.3 des aktuell gültigen Regelwerkes. Und diese müssen zuerst den Truck und dann den Motorenhersteller benennen – also Freightliner-Caterpillar.
Würde man bei dieser Regelung bleiben, kämen bei einer generellen Freigabe der Motoren recht verwirrende Kombinationen wie z.B. DAF-Renault oder Mercedes-MAN heraus. Um dieser Marketingkatastrophe vorzubeugen, wäre es sinnvoll, bei der Namensgebung künftiger Hybride eine Kombination aus Teamnamen und Motorenhersteller (analog zur Formel 1) anzuwenden. Dann wäre auch die jetzt schon geläufige Bezeichnung Buggyra-Caterpillar regelkonform. Eine Übertragung dieser Regelung auf alle Renntrucks, ob reinrassig oder gemixt, ist problemlos möglich: TSB-MAN, MKR-Renault, Hahn-MAN, tankpool24-Mercedes, Schwaben-Truck-Iveco, Frankie-Oxxo-MAN, Cepsa-MAN und so weiter.
Alternativ oder als Ergänzung könnte man auch per Regelwerk einen reinen Motorenhersteller, da wäre beispielsweise Deutz, dazu bewegen, einen Rennmotor samt Service für Hybride anzubieten. Als Geld- und Namensgeber kämen auch andere Hersteller in Betracht. Wenn beispielsweise Kamaz die Musik, sprich die Motorenentwicklung, bezahlen würde, warum sollte deren Logo und Schriftzug nicht auf dem Zylinderkopfdeckel und natürlich auch werbewirksam am Fahrzeug ihren Platz finden? Vielleicht würde die Serie auf diesem Wege ein wenig mehr an Vielfalt gewinnen – zumindest an optischer. (Walter Steinbrech, Juli 2012)
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